Von Paulus Adelsgruber
Die Straße bis Soroca ist in perfektem Zustand, sie wurde 2015 von den USA finanziert. Das Anschlussstück bis Otaci ist noch eine Holperpiste, ein Finanzie-rungsentwurf des IWF liegt am Tisch. An der Weggabelung kaufen wir bei Straßenhändlern einige Paprika und Äpfel. Ukrainische Flüchtlinge gäbe es in ihrem Dorf derzeit nicht, früher ja, aber man habe schlechte Erfahrungen gemacht – sie halten doch nur die Hand auf und wollten nichts arbeiten, redet sich der beeinträchtigt wirkende Verkäufer in Rage.
Der Platz vor dem Rathaus von Otaci ist bemerkenswert, die Rückseite der Betontribüne des Fußballstadions neigt sich den goldenen Kuppeln der Kirche entgegen, dazwischen hält Lenin noch die Stellung. In den Korridoren des Amtsgebäudes wimmelt es von Antragstellern, viele Einwohner erhalten Sozialhilfe. Bürgermeister Dmitri Zavrotchi empfängt uns erstaunlich entspannt, er findet Zeit, um uns das neue Busterminal nahe der Grenze zu zeigen. Er stellt das Verbindende und Positive in den Vordergrund: Die Bewohner hätten nach Kriegsbeginn angepackt, die überwiegend von Roma getragene evangelikale Gemeinde habe die Geflüchteten unmittelbar neben dem Grenzübergang versorgt. Große Unterstützung sei dann bald von den NGOs gekommen, von der Kooperation mit ihnen habe man viel gelernt. Sie seien dort eingesprungen, wo die staatlichen Strukturen versagten. 586 registrierte Flüchtlinge gibt es derzeit im Rajon, davon 124 Kinder. In Otaci selbst sind es 178, auch in den umliegenden Gemeinde Unguri, Călărășeuca und Vălcineţ leben viele.